von Jochen W. Heinz
Median-Verlag, 2024, 104 Seiten, Softcover
Beschreibung
ISBN: 978-3-941146-89-1
Beschreibung
Hörgeräte und Implantate sind heutzutage wahre Wunderwerke. Weltweit helfen Sie Millionen von Menschen, wieder mehr Lebensqualität zu erhalten und – noch wichtiger – bei Kindern den korrekten Lautspracherwerb überhaupt zu ermöglichen. Doch auch die allerbeste Technik kann an Grenzen stoßen, die nicht zu überwinden sind. Im ersten Teil werden alle wesentlichen Aspekte zur Hörsystem- und Implantatversorgung aus Sicht des Praktikers dargestellt. Im zweiten Teil folgt eine Darstellung weiterer möglicher Gründe für auditive Kommunikationsstörungen, die bisher kaum Beachtung fanden, jedoch durchaus alltagsrelevant sein können.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Teil I
Auditive Kommunikationsstörungen, Hörsystem- und Implantatversorgung
Auditive Kommunikationsstörungen (AKS)
Unser wohl emotionalster Sinn
Welche Arten von Hörstörungen gibt es und wie sind sie versorgbar?
Stigmatisierung auditiver Kommunikationsstörungen und der Hörsystem-/Hörimplantatversorgung
Werbung für Hörhilfen und Hörimplantate
Hörsystem- und Implantatversorgung von Erwachsenen
• Der klassische Versorgungsweg
• Kritik
Worauf baut die Hörsystem- und Implantatversorgung eigentlich auf?
Ablauf der ersten Hörsystemversorgung
• Beratung und Empfehlung des Hörakustikers
• Hürden in der Beratung
• Apropos Handwerk in der Hörakustik
• Der große Tag – Erstanpassung von Hörsystemen/First Fit
• Erwartungshaltung von Familie und Freunden bei und nach der Erstanpassung
• Erste Kontrolle nach der Erstanpassung
• Gleitende Anpassung
• Zubehör und Hilfestellungen
• Was ist zu tun, wenn sich der gewünschte Erfolg nicht einstellen will
• Anforderungen an den Berufsstand
• Feinjustierung und Nachjustierungsmöglichkeiten seitens des Fachpersonals
• Hörtraining und Audiotherapie
Und wenn keine Hörsystem mehr ausreichen
Welche Implantate stehen heute zur Verfügung und für wen sind sie geeignet?
Zusammenfassung der apparativen Versorgungsmöglichkeiten mit Hörsystemen und Hörimplantaten
Teil II
Auditive Verarbeitung und Wahrnehmung, Ohr-Hirn-Schranke und Hirnhürden
Begriffsdefinitionen
Hochleistungsrechner Gehirn
• So läufts, wenn alles gut funktioniert
• Verstehaufwand in Störgeräuschsituationen
• Wahrnehmung
• Altersbedingte Kommunikationsprobleme und deren Phänomene
Zentral-auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (ZAVWS)
• Geschichte
• Definition einer (zentral-)auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung
• Konzentration auf den Kinder- und Jugendbereich
• Mischformen
• Diagnosestellung einer (Z)AVWS
• Warum sollte es nur Kinder- und Jugendliche betreffen?
• Bedeutung für die Hörsystem- und Implantatversorgung
• Missverständnisse, die oft unerkannt bleiben
• Innenohrschwerhörigkeit kann zu Änderungen im Gehirn führen
• Geschlechtsspezifische Unterschiede
• Rechtshänder oder Linkshänder
• Unterschiedliche Arten einer AVWS
• Was sagen Betroffene?
Die Bedeutung von Klängen und Musik
• Von Anbeginn
Ungestörte Hörbahnreifung und Förderung auch als AVWS-Präventionsmaßnahme?
Miserable Raumakustik
Welche Besonderheiten gelten für Hörgeräte- und Implantatträger (ohne und mit AVWS)?
Drahtlose akustische Übertragungsanlagen (DAÜ)
Was kann sonst noch getan werden?
Ausblick
Behind the Inner Ear
Sind neue Wege in der Hörakustik denkbar?
Weiterentwicklung der Technologien und der Diagnostik
Erweiterung des Aus- und Fortbildungsplans und der Patienteninformationen
Präventionsmaßnahmen
Beenden wir die Themen Klangbrei, Hörquark, Hirnhürden und Ohr-Hirn-Schranke
Literaturverzeichnis
Danksagung
Zum Autor
Vorwort
Das Wort „Klangbrei“ fällt oft, wenn Menschen ihre Hörsituation beschreiben möchten. Alles klingt undeutlich, die meisten nuscheln so fürchterlich und sprechen ohne Gefühl, habe ich schon oft hören müssen. Die glücksbringende Hoffnung: Mit Hörgeräten wird alles besser – anziehen und gut ist! So wird es von der Werbung und dem persönlichen Umfeld suggeriert. Hat man die Dinger dann erstmals am Ohr, wird aus dem „Klangbrei“ auch noch „Hörquark“, mit dem man zunächst noch weniger anfangen kann, da alles zu viel, zu laut ist und komplett fremd klingt! Warum schreibe ich so etwas? Bin ich ein Verräter meines Berufsstandes und der Hörgeräteindustrie? Nein, weit gefehlt!
In 37 Berufsjahren in der Hörakustik durfte ich zum Teil epochale Entwicklungen seitens der Technik miterleben. Auch die Einsicht, dass der Mensch zwei Ohren hat, die versorgt werden sollten, sobald dort Probleme auftreten, hat tatsächlich stattgefunden. Als ich anfing, war die einseitige Versorgung mit einem Hörgerät der Standard. Persönlich glaube ich, dass damals der Grundstein dafür gelegt wurde, Hörhilfen zu stigmatisieren. Klar, die Betroffenen waren unzufrieden, weil sie mit nur einem Hörgerät (Implantate gab es damals noch nicht) in Gesellschaft nicht besser verstehen konnten. Auch war der Wissensstand der Audiologie (einfach: die Lehre des Hörens) bei Weitem noch nicht so weit fortgeschritten.
Durch meine frühe Spezialisierung in der Versorgung hörgeschädigter Kinder wurde ich im Laufe der Jahre mit einem Phänomen konfrontiert, das zunächst Kindern und Jugendlichen zugeschrieben wurde. Auffallend war ein schlechtes Sprachverstehen, besonders im Umgebungsgeräusch, trotz eines gemessenen normalen Hörvermögens für Töne (Normakusis). Mir stellte sich dann die Frage, warum dieses Problem nur bei jungen Menschen auftreten sollte.
Wie schon in den 1990er-Jahren, als ich mich für die Einführung einer besonderen Anpassmethode und entsprechender Messtechnik für Säuglinge und Kinder in Deutschland stark machte, die ich aus Kanada übernahm, führten mich meine Studien zur amerikanischen Literatur und die daraus neu gewonnenen Erkenntnisse dazu, meine Arbeit im Erwachsenenbereich zu überdenken. Jetzt, im Ruhestand, finde ich Zeit, diese Gedanken zu Papier zu bringen.
Meine Intention ist es, mit diesem Buch zunächst einen Einblick in die heutige Hörsystem- und Cochlea-Implantatversorgung zu geben und Möglichkeiten und Grenzen aus meiner Sicht darzustellen. Ab dem Kapitel „Das muss andere Gründe haben“ werde ich ein bisschen tiefer gehen, um Gedanken zu weiteren möglichen Problemen einzubringen, die bisher nur wenig Beachtung fanden. Aspekte, die unmittelbar mit dem Verstehen – und nicht nur mit dem bloßen Hören – in Zusammenhang stehen, wie z. B. das Dilemma Raumakustik, werden ebenso angeführt. In diesem Kapitel werden dann auch erstmals die „Ohr-Hirn-Schranke“ und interne „Hirnhürden“ zur Sprache kommen. Die offene und eventuell auch provokative Darlegung meiner Gedanken und Meinungen können und sollen Anlass zur Überprüfung eigener Einstellungen, aber auch zu Kritik und Diskussion geben. Ziel ist es, für Normalhörende, Betroffene und audiologisch tätige Unterstützer die für Menschen mit auditiven Kommunikationsstörungen herausfordernde Alltagssituation des Verstehens darzulegen.
Jochen W. Heinz
August 2024
Im Rahmen der Lesefreundlichkeit wird in diesem Buch auf das Gendern verzichtet und ausschließlich das generische Maskulinum verwendet. Unabhängig davon sind alle Geschlechter gleichberechtigt angesprochen und gemeint.
Autor
Jochen W. Heinz (Jahrgang 1960) studierte von 1982 bis 1986 an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen Humanmedizin. Nach Abbruch des Studiums erfolgte die Ausbildung zum Hörgeräteakustiker von 1986 bis 1988 und die Meisterprüfung 1992. Sein Tätigkeitsschwerpunkt war die Hörsystemversorgung von Säuglingen und Kindern. Das besondere Interesse in diesem Bereich führte ihn Ende der 1990er-Jahre nach Kanada, wo er eine neue wissenschaftliche Vorgehensweise in der Hörsystemversorgung von Säuglingen und Kindern und auch neue Mess- und Anpasssysteme kennenlernte. Für deren Einführung in Deutschland setzte er sich vehement ein und stellte dieses Verfahren in den führenden pädaudiologischen Abteilungen in deutschen Kliniken und in der Hörakustik vor. Es folgten nationale und internationale Vorträge zum Thema Hörsystemversorgung bei Kindern, ebenso zahlreiche Publikationen in Fachzeitschriften. Durch seine Tätigkeit als Pädakustiker wurde er bereits 1998 mit auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen konfrontiert. Sein Engagement gilt u. a. der Verbesserung von raumakustischen Verhältnissen in Kitas, Schulen und öffentlichen Einrichtungen sowie der Anerkennung auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Erwachsenen. 2016 gab er das Sonderheft „Kinderversorgung Special“ der Fachzeitschrift „Hörakustik“ heraus. Seit 1998 ist Heinz Mitglied im interdisziplinär besetzten Arbeitskreis AVWS (Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen) in Stuttgart. 2003 trat er Deutschen Gesellschaft für Audiologie e.V. (DGA) bei. Von 1994 bis 2023 leitete er das Kinderzentrum Esslingen der iffland hören GmbH & Co. KG Stuttgart. Seine Intention ist es, das mögliche Vorliegen einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung auch bei erwachsenen Patienten im Rahmen der Hörsystem- und Hörimplantatversorgung zu berücksichtigen.
Danksagung
Es würde tatsächlich den Rahmen sprengen, alle lieben Freunde, Kolleginnen und Kollegen hier aufzuführen, die mich über so viele Jahre hinweg unterstützt und begleitet haben. Meinem ehemaligen Arbeitgeber, iffland. hören., danke ich für die langjährige Unterstützung meiner Bemühungen im Fachbereich Pädakustik.
Ihnen allen gilt mein Dank, aber auch meine Anerkennung, mich ohne ersichtlichen Schaden ertragen zu haben. Den kollegialen Austausch, das gemeinsam Erlebte und Erarbeitete vermisse ich, ebenso die über die Jahre hinweg entstandenen Freundschaften zu Kindern, deren Eltern und erwachsenen Patienten. Besonderer Dank gilt jedoch meinen beiden Freunden und Initiatoren des interdisziplinär besetzen Arbeitskreises AWS in Stuttgart, Herrn Andreas Seimer (ehem. Phoniater und Pädaudiologe am Marienhospital in Stuttgart) und Herrn Dr.med. Henning Rosenkötter (ehem. Direktor des sozialpädiatrischen Zentrums am Klinikum Ludwigsburg), die mich damals sehr früh mit ins Boot nahmen, als es um das Thema AVWS bei Kindern ging. Ein großer Extradank geht an Andreas, der durch seine Kritiken, Anregungen und Aufmunterungen wesentlich zu diesem Werk beigetragen hat. Bedanken möchte ich mich auch bei den zahlreichen Mitgliedern des Arbeitskreises. Großen Ansporn für mein Engagement in der Pädakustik gaben mir meine Mentoren und Freunde, Professor em. Dr. Richard Seewald und Professorin Dr. Susan Scollie, National Center for Audiology an der University of Western Ontario, London, Canada). Ihre Anpassformel (damals DSL i/o) und ihre Vorgehensweise in der Hörsystemanpassung hörgeschädigter Säuglinge und Kinder haben mich damals überzeugt, ihre Methodik und die damit verbundene Messtechnik auch in Deutschland bekannt zu machen.
Und last but not least geht ein ganz großer Dank an meine Frau Silvia, die mit der neu eingetretenen Situation, auf einmal einen Schreiberling ständig um sich herum haben zu müssen, hervorragend zurechtkam.